Aktienmärkte 2021: Rekordhohe Inflows und Turnaround von Value und Quality

Von einer Rückkehr zur Normalität konnte auch 2021 nicht die Rede sein. Doch der Großteil der Investoren blendete die negativen Faktoren aus und trieb die Aktienmärkte in den entwickelten Ländern zu neuen Höchstständen. Zugleich waren erste wichtige Trendänderungen zu beobachten, die sich 2022 fortsetzen dürften.

Mark Frielinghaus, CFA
Portfolio Manager Equities

Wer hätte das gedacht? Trotz Corona, nach oben schießenden Energie­preisen, zunehmendem Inflations­druck sowie weltweiter Liefer­­engpässe beendeten die meisten Aktien­­märkte das Jahr 2021 mit zweistelligen Rendite­­zuwächsen. Dafür verantwortlich waren gleich mehrere Treiber, die die von vielen erhoffte Konjunktur­­erholung ermöglichten. Dazu gehörte die lockere Geld­­politik ebenso wie eine Flut von fiskalischen Anreizen sowie vor allem auch die rasanten Impffortschritte.

Somit setzte sich die im März 2020 begonnene Marktrally auch in 2021 fast ungehindert fort. Der MSCI World Index beendete das Jahr mit einem Plus von 31,07 Prozent (in Euro), während der MSCI Europe um 25,13 Prozent zulegen konnte. Weniger gut lief es für den MSCI Emerging Markets Index, der in Euro einen Zuwachs von „nur“ 4,86 Prozent verzeichnete, in lokaler Währung umgerechnet lag der Schwellenländer-Index am Jahresende sogar nahezu unverändert bei minus 0,19 Prozent.

Erster Trendwechsel bei Tech-Titeln 

Dieser große regionale Unterschied hatte zum einen mit der Sorge der Anleger zu tun, wie sich die Defaults von Chinas größtem Immobilienentwickler Evergrande, der seinen Schuldverpflichtungen nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen war, auswirken. Zum anderen war 2021 ein grundsätzlicher Trendwechsel bei den großen Tech-Titeln zu beobachten. Die Technologie-Blue Chips aus den Emerging Markets, die jahrelang gut gelaufen waren, gerieten wegen der verschärften Regulierungsinitiativen der chinesischen Regierung und dem Entwurf strengerer Kartellvorschriften stark unter Druck und mussten zum Teil zweistellige Verluste hinnehmen. Dagegen setzte sich die Rally der US-amerikanischen Technologie-Konzerne fast ungebremst fort – wenn auch unter höheren Schwankungen.

Besonders gut waren Investoren 2021 mit Unternehmen aus den Sektoren Halbleiter, Technologie, aber auch Energie, Banken sowie Finanzdienstleistungen – also vornehmlich Zyklikern – aufgestellt. Sie zählten zu den Gewinnern des Jahres 2021. Dagegen konnten defensive Werte in dem Bullenmarkt lange Zeit nicht mithalten. Einzige Ausnahme waren hier die Märkte der Schwellenländer, wo sich defensive Titel angesichts des unterschiedlichen Marktumfelds mit vergleichsweise neutralen Jahresrenditen deutlich besser entwickelten als der Gesamtmarkt.

„Auffällig war in 2021, dass – anders als im Jahr zuvor – nicht mehr nur Trendfolger erfolgreich und Investments nicht ausschließlich liquiditätstrendgetrieben waren.“

Mark Frielinghaus
Portfolio Manager Equities

Faktor Qualität überzeugte

Aus Sicht der Faktoren war Qualität der einzige Faktor, der in den Industrieländern gut funktionierte. Momentum entwickelte sich deutlich negativ, und auch Value schnitt unterdurchschnittlich ab. Selbst Mid- und Small Caps liefen – ungewöhnlich für eine Hausse – schwächer als die meisten Standardwerte.

Weiterhin auffällig war in 2021, dass – anders als im Jahr zuvor – nicht mehr nur Trendfolger erfolgreich und Investments nicht ausschließlich liquiditätstrendgetrieben waren. Vielmehr wurden im Jahresverlauf deutliche Verschiebungen sichtbar. Gefragt waren nicht mehr nur wenige Online- und Tech-basierte Geschäftsmodelle, sondern auch der breite Markt konnte vom Anlegerinteresse profitieren. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Monaten des Jahres herausgebildet.

Wieder Mehrwert durch Fundamentalanalyse

Die erfreuliche Konsequenz: Fundamentales Investieren funktioniert wieder deutlich besser. Es lohnt sich somit mehr denn je, auf fundamentale Kriterien zu schauen und eine Unternehmens- und Bilanzanalyse durchzuführen. Die Qualität eines Unternehmens sowie auch dessen Bewertung lassen Rückschlüsse auf die künftige Aktien­kurs­entwicklung zu, was im Jahr 2020 nicht der Fall war. Auch das zeigt: Die systematische Verarbeitung von Informationen ist wieder angebracht und mehrwert-stiftend.

Gerade die Mischung von Qualitäts-, Bewertungs- und Sentiment-Indikatoren erholt sich deutlich. Die extremen Unternehmen (steilster Trend, höchste Bewertung und ähnliches) geraten ins Hintertreffen gegenüber den günstig bewerteten Titeln mit überlegender Qualität und solidem Wachstum. Diese Entwicklung hat sich langfristig immer gezeigt, war in den Jahren der extremen Liquiditätspolitik der Zentralbanken aber nicht zu beobachten.

Und noch ein Trend ist zu erkennen: Die Volatilität an den Aktienmarkten scheint wieder anzuziehen. Insbesondere im 2. Halbjahr konnten sich risikoarme Werte gegenüber den großen Benchmark-Schwergewichten besser behaupten. Nach dem schwierigen Jahr 2020 werden defensive Strategien somit wieder attraktiver für Investoren, da sie bei wechselhaften Marktbedingungen durch geringere Schwankungen langfristig einen Mehrwert generieren.

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